Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Hypoxanthin ist ein Purindevriat und kommt in gebundener Form als Nucleobase und in freier Form, z. B. im Harn, vor. Es ist ebenso in den Drüsen und im Knochenmark enthalten. Als ein Desaminierungsprodukt von Adenin wird Hypoxanthin zu Harnsäure und Xanthin oxidiert. Seltener bildet es ein Grundgerüst von Nukleinsäuren.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase?

Besonders schwerwiegend sind Stoffwechselerkrankungen wie das Lesch-Nyhan-Syndrom als Folge eines Gendefekts.
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Aus Hypoxanthin und Guanin entsteht das tetramere Enzym Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase.

Tetramer sind dabei Makromoleküle, die aus vier gleichartigen Bausteinen, genauer aus Monomeren, bestehen. Das Enzym gehört als eines der wichtigsten zum Purinstoffwechsel der Eukaryoten, reagiert empfindlich auf Genveränderungen und kann beim Menschen Abweichungen durch Genmutation bewirken, die sich in bestimmten Stoffwechselerkrankungen ausdrücken. Solche sind z. B. das Lesch-Nyhan- und das Kelley-Seegmiller-Syndrom.

Funktion, Wirkung & Aufgaben

Das Enzym Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase steigert den Purinstoffwechsel und dessen energetische Wirkkraft.

Dieser beruht auf Purinbasen, wobei es sich um Nukleinsäuren handelt, die strukturell vom Purin abgeleitet sind. Solche sind Xanthin, Hypoxanthin, Adenin und Guanin, die sich durch Wasserstoffbrücken an andere Basen anlagern. Derartige Bindungen haben einen großen Einfluss auf die DNA-Doppelhelix und –Replikation und spielen eine Rolle bei der Proteinbiosynthese.

Purinbasen können durch zwei Enzyme wiederverwertet werden. Neben der Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase ist das die Adenin-Phosphoribosyltransferase. Beide bilden durch einen Phosphoribosylrest ein Nucleotid, das wiederum sowohl bei der DNA als auch der RNA ein Grundbaustein von Nukleinsäuren ist. Das Molekül besteht aus Zucker, Base und Phosphat und steuert regulatorisch lebenswichtige Funktionen in den Zellen. Beim Aufbau wird ATP eingespart und die Harnsäurebildung reduziert.

Werden Purinbasen wiederverwertet, wird vom Salvage-Pathway gesprochen. Das ist eine allgemeine Bezeichnung für Stoffwechselwege, bei denen aus Abbauprodukten eine Biomolekülsynthese entsteht. Der Organismus vollzieht hier ein körpereigenes Recycling, wobei etwa neunzig Prozent der Purinbasen wiederverwertet und zehn Prozent tatsächlich ausgeschieden werden. Das zeigt die Effizienz der Purinbasenwiederverwertung und die Wichtigkeit der Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase.

Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte

Kommt es nun zu Mutationen am HPRT-Gen, können sich die Größe und die Aminosäuren verändern. Das kann der Einbau von zusätzlichen DNA-Sequenzen oder Nukleotiden sein, was wiederum zu einer fehlerhaften Herstellung des Genprodukts führt, das auf dem jeweiligen Gen codiert ist, oder sogar zum Löschen der gesamten Sequenz. Ist z. B. die Aminosäuresequenz verändert, entstehen Krankheiten wie Gicht.

Besonders schwerwiegend sind Stoffwechselerkrankungen wie das Lesch-Nyhan-Syndrom als Folge eines Gendefekts. Dieser wird x-chromosomal-rezessiv vererbt, was bedeutet, dass hauptsächlich Männer betroffen sind, die nur ein X-Chromosom besitzen. Bei Frauen kann der Gendefekt zwar vorhanden sein, bricht aber als Krankheit nur dann aus, wenn beide X-Chromosomen betroffen sind, was relativ selten der Fall ist. Meistens kompensiert das zweite X-Chromosom den Defekt des ersten.


Krankheiten & Störungen

Das Syndrom äußert sich in einem Mangel der Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase. Durch den Gendefekt wird das Enzym nicht gebildet. Aufgrund der Mutation und einer fehlenden Wiederverwertung und Umwandlung der Basen Guanin und Hypoxanthin entsteht eine Anhäufung der Purinbasen, die vermehrt aufgebaut und vom Körper ausgeschieden werden müssen.

Der Abbau geschieht über das Zwischenprodukt Xanthin, das in Harnsäure umgewandelt und über die Niere ausgeschieden wird. Ist dieser Vorgang eingeschränkt, bilden sich im Bereich der Gelenke Harnsäurekristalle, die dann vermehrt Gichtanfälle auslösen. Das Enzym wird nicht mehr gebildet, der Harnsäurespiegel im Gewebe und im Blut steigt, das zentrale Nervensystem wird gestört.

Bei der Geburt wird das Lesch-Nyhan-Syndrom nicht direkt sichtbar. Erst nach etwa zehn Monaten ist eine auffällige Beinstellung erkennbar und die Neigung des Kindes, sich wenig zu bewegen und sich geistig langsamer zu entwickeln. Das Syndrom zeigt sich in schwacher und schwerer Ausprägung. Eine erhöhte Harnsäureausschüttung und leichtere Gichtanfälle sind die mildere Form, bei schwerer Ausprägung kommt es zu Selbstverletzungen, starken geistigen Beeinträchtigungen und Aggressionen. Selbstverletzungen finden durch Finger- oder Lippenbisse statt. Bei Bissen in die Extremitäten ist häufig zu beobachten, dass die betroffenen Menschen ihre Autoaggression nur auf eine Hand beschränken. Die Aggressionen wiederum richten sich dann besonders häufig gegen nahestehende Personen wie Geschwister oder Eltern.

Die schwerwiegendste Ausprägung der Krankheit ist durch multiple neurologische Funktionsstörungen gekennzeichnet und einem sehr stark ausgeprägten Hang zur Selbstverstümmelung. Das Syndrom äußert sich in Spastizität, Dystonie, Hypotonie, Choreoathetose und einer gesteigerten Reflexbereitschaft. Die geistigen Eigenschaften und die Entwicklung sind stark eingeschränkt. In besonders drastischem Ausmaß kann das Syndrom bei diesem Zustand auch zum Tod führen.

Die Krankheit wird durch ein medizinisches Bild diagnostiziert. Dabei wird der Harnsäurespiegel in Urin und Blut gemessen und die Aktivität der Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase in Gewebe und Blut. Letztere ist stark vermindert und kann auch schon pränatal vorhanden sein.

Eine Therapie der Erkrankung gestaltet sich schwierig. Die Heilung ist nicht möglich und ohne Behandlung stirbt das Kind in den ersten Lebensjahren. In manchen Fällen müssen als vorbeugende Maßnahme die Milchzähne gezogen werden. Weitere Therapieansätze sind das Senken des Harnsäurespiegels durch Medikamente wie Allopurinol, das als Hemmstoff bei Gicht wirkt. Die Purinbasen werden dadurch zwar nicht wiederverwertet, doch die Harnsäure wird besser abgebaut. Ebenso werden die jeweiligen Störungen, Infektionen und Nervenschädigungen behandelt und zu einer speziellen Diät geraten, die meistens auf Fleisch verzichtet und purinarm ist.

Geforscht wird auch im Bereich der psychosomatischen Begleiterscheinungen durch Tiefenhirnstimulierung. Die Medizin erhofft sich davon das Verhindern der Aggressionen und Selbstverstümmelungen. Beim Kelley-Seegmiller-Syndrom wiederum handelt es sich um die leichteste Form eines Mangels der Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase. Auch hier wird zu viel Harnsäure produziert und es kommt zu frühzeitigen Gichterkrankungen. Erste Hinweise auf das Syndrom sind orange farbene Kristalle in der Windel des Kindes, Harnwegsinfektionen und Urolithiasis. Während der Pubertät kommt es dann zu Gicht oder akuter Arthritis.

Eine geistige Unterentwicklung und Selbstattacken, wie sie beim Lesch-Nyhan-Syndrom vorkommen, sind nicht der Fall, höchstens kann es zu Aufmerksamkeitsstörungen kommen. Die frühzeitige Behandlung ermöglicht den Betroffenen in der Regel eine normale Lebenserwartung.

Quellen

  • Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
  • Horn, F.: Biochemie des Menschen. Das Lehrbuch für das Medizinstudium. Thieme, Stuttgart 2018
  • Lodish et al.: Molekulare Zellbiologie. 4. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2001

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