Guanin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Laborwerte Guanin

Guanin ist eine wichtige Stickstoffbase und besitzt im Organismus eine zentrale Bedeutung für den Nukleinsäurestoffwechsel. Es kann im Körper aus Aminosäuren synthetisiert werden. Aufgrund des hohen Energieaufwandes dieser Reaktion erfolgt jedoch häufig seine Rückgewinnung über den Salvage Pathway.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Guanin?

Guanin ist Bestandteil der Nukleinsäuren und verschiedener Nukleotide und Nukleoside. Als wichtige Nukleinbase gehört es zu den zentralen Molekülen aller Organismen.
© natros – stock.adobe.com

Guanin ist eine der fünf Stickstoffbasen, welche am Aufbau der DNA und der RNA maßgeblich beteiligt sind. Sie ist auch ein Grundbestandteil von weiteren physiologisch wichtigen Molekülen wie beispielsweise Guanisintriphosphat (GTP).

Guanin stellt eine Purinbase dar, dessen chemisches Grundgerüst aus einem heterozyklischen aromatischen Ring aus sechs Atomen und einem angeschlossenen Fünferring besteht. Im Körper tritt es meist als Mononukleotid mit Ribose oder Desoxyribose und einem Phosphatrest auf. Das Mononukleotid GTP ist neben ATP ein Energiespeicher im Rahmen des Energiestoffwechsels. In der Doppelhelix der DNA ist Guanin über drei Wasserstoffbrückenbindungen mit der komplementären Stickstoffbase Cytosin verbunden.

Da die Bildung des freien Guanins sehr energieaufwendig ist, wird es im Körper aus den Nukleinsäuren durch Abspaltung wiedergewonnen (Salvage Pathway) und erneut in Form eines Mononukleotids zur Nukleinsäuresynthese verwendet. Im Körper wird es zu Harnsäure abgebaut. Guanin ist ein leicht gelblich aussehender Feststoff mit einem Schmelzpunkt von 365 Grad. Dabei schmilzt es unter Zersetzung. Es ist unlöslich in Wasser, kann aber in Säuren und Laugen aufgelöst werden.

Funktion, Wirkung & Aufgaben

Guanin ist Bestandteil der Nukleinsäuren und verschiedener Nukleotide und Nukleoside. Als wichtige Nukleinbase gehört es zu den zentralen Molekülen aller Organismen.

Mit den anderen drei Nukleinbasen Adenin, Cytosin und Thymin bildet es den genetischen Code. Wie diese ist es in der DNA glykosidisch an den Zucker Desoxyribose gebunden. Drei hintereinanderfolgende Nukleinbasen verschlüsseln als sogenanntes Codon jeweils eine Aminosäure. Mehrere Codons codieren damit ein Protein als eine Kette hintereinanderfolgender Aminosäuren. In der DNA wird der genetische Code gespeichert. Innerhalb der Doppelhelix der DNA besteht eine komplementäre Kette mit den jeweiligen komplementären Nukleinbasen. Sie ist mit der codonogenen Kette durch Wasserstoffbrückenbindung verknüpft und für die Stabilität der genetischen Information verantwortlich.

Innerhalb der RNS spielt Guanin neben den anderen Nukleinbasen für die Proteinsynthese eine wichtige Rolle. Wichtige Zwischenprodukte im Stoffwechsel sind auch die Nukleoside Guanisin und Desoxyguanisin. Des Weiteren sind auch die Nukleotide Guanisimonophosphat (GMP), Guanisindiphosphat (GDP) und Guanisintriphosphat (GTP) neben ATP und ADP für den Energiestoffwechsel verantwortlich. Auch die Nukleotide der DNA kommen im Stoffwechsel als Zwischenverbindungen vor.

Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte

Guanin besitzt im Stoffwechsel aller Organismen eine zentrale Bedeutung. Da es Bestandteil der Nukleinsäuren ist, kommt es auch als Zwischenprodukt des Stoffwechsels frei vor. Im menschlichen Organismus kann es aus Aminosäuren synthetisiert werden. Allerdings ist die Biosynthese sehr energieaufwendig.

Daher wird es über den Salvage Pathway in Form eines Nukleotids aus den Nukleinsäuren wiedergewonnen. Beim Salvage Pathway werden aus vorhandener Nukleinsäure freie Purinbasen wie Adenin, Guanin und Hypoxanthin herausgeschnitten und wiederum neue Mononukleotide gebildet. Dieser Prozess ist viel energieeffizienter als die Neusynthese von Guanin und seinem Mononukleotid. Das Mononukleotid wird wieder zur Nukleinsäuresynthese verwendet. Damit stellt der Salvage Pathway einen Recyclingprozess dar. Beim Abbau von Guanin entsteht über das Zwischenprodukt Xanthin Harnsäure.

Der Purinabbau im Körper ist die wichtigste Harnsäurequelle. Bei Vögeln, Reptilien und Fledermäusen ist Guanin neben Harnsäure ein wichtiges Ausscheidungsprodukt für Stickstoff. Da dieses pastöse Produkt wenig Wasser enthält und auch nur schlecht für die Energiegewinnung verwendet werden kann, wird es besonders von Vögeln und Fledermäusen direkt ausgeschieden. Weil sich bei seiner Ausscheidung die Gesamtmasse verringert, verbessert sich die Flugfähigkeit dieser Tiere. Das ausgeschiedene Guanin bildet besonders auf kalkreichen Böden nach Verwitterung den sogenannten Guano. Guano ist ein sehr wertvoller phosphor- und stickstoffreicher Dünger.


Krankheiten & Störungen

Bei Störung des Guaninstoffwechsels können gesundheitliche Probleme auftreten. Beispielsweise wird bei einem Defekt des Enzyms Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase (HGPRT) der Salvage Pathway gestört. Daraus entwickelt sich das sogenannte Lesch-Nyhan-Syndrom.

Bei dieser Erkrankung erfolgt die Rückgewinnung von Guaninsinmononukleotiden aus den Nukleinsäuren nicht ausreichend. Vielmehr kommt es zum verstärkten Abbau von Guanin. Im Körper werden große Mengen Harnsäure gebildet. Deshalb wird diese Erkrankung auch als Hyperurikämiesyndrom bezeichnet. In schweren Fällen treten Autoaggression, kognitive Beeinträchtigungen und sogar Fremdaggression auf. Häufig verletzen sich die Patienten selber. Meist sind Jungen betroffen, weil die autosomal rezessive Erkrankung durch eine Genmutation auf dem X-Chromosom verursacht wird.

Bei Mädchen müssten beide X-Chromosomen von der Mutation betroffen sein, was aber selten vorkommt. Wenn das Lesch-Nyhan-Syndrom unbehandelt bleibt, sterben die Kinder bereits im Kleinkindalter. Durch den Einsatz von Medikamenten und eine spezielle Diät kann der Guaninabbau gehemmt werden. Die Symptome können so teilweise abgemildert werden. Leider ist das Lesch-Nyhan-Syndrom jedoch nicht ursächlich therapierbar. Hyperurikämien können auch im Zusammenhang mit anderen Krankheiten oder anderen genetischen Defekten auftreten. Primäre Hyperurikämien sind zu einem Prozent genetisch und zu 99 Prozent durch eine verringerte Harnsäureausscheidung über die Nieren bedingt.

Es gibt auch sekundäre Formen der Hyperurikämie. So können Erkrankungen, welche mit verstärktem Zellverfall wie Leukämien oder bestimmten Blutkrankheiten einhergehen vermehrt Purine und damit Harnsäure bilden. Auch Medikamente oder Alkoholismus können zu Störungen des Purinstoffwechsels führen. Als Folge erhöhter Harnsäurekonzentrationen können Gichtanfälle aufgrund von Harnsäureausfällungen in den Gelenken auftreten. In der Behandlung ist eine purinarme und damit auch guaninarme Diät inbegriffen.

Quellen

  • Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
  • Lodish et al.: Molekulare Zellbiologie. 4. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2001
  • Neumeister, B. et al.: Klinikleitfaden Labordiagnostik. Elsevier/Urban & Fischer, München 2009

Das könnte Sie auch interessieren