Anzahl der Pflegebedürftigen nimmt zu

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 30. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Laut einer jüngsten Umfrage der Privaten Krankenversicherung in Deutschland (PKV) hat mehr als jeder Dritte Bundesbürger einen Pflegefall in seinem persönlichen Umfeld. Neben einer guten Versorgung der pflegebedürftigen Menschen ist es wichtig, dass sich pflegende Angehörige ihre Auszeiten nehmen.

Pflegeversicherung in Deutschland

Die Versorgung von pflegebedürftigen Menschen wird eine große Herausforderung werden.

Auf der Webseite des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) ist die Geschichte der Pflegversicherung in Deutschland skizziert. Die Pflegeversicherung wurde am 01. Januar 1995 als eigenständiger Bereich (5. Säule) im Sozialversicherungssystem verankert.

Sie ist der jüngste Zweig der Sozialversicherung. Bei der Pflegeversicherung handelt es sich um eine Pflichtversicherung sowohl für alle gesetzlich als auch privat Versicherten. Jede Person, die bei einer gesetzlichen Krankenversicherung angemeldet ist, ist damit automatisch in der sozialen Pflegeversicherung versichert. Privat Krankenversicherte müssen eine private Pflegeversicherung abschließen.

Die Kosten der Pflegeversicherung werden über die Sozialversicherungsbeiträge finanziert, die je zur Hälfte vom Arbeitnehmer und dem jeweiligen Arbeitgeber übernommen werden. Es gibt verschiedene Pflegestufen, die sich am Umfang der benötigten Hilfe orientieren.

Pflegebedürftigkeit in Deutschland nimmt zu

Die Menschen in Deutschland werden immer älter. Die demografische Entwicklung hat enorme Auswirkungen auf alle Gesellschaftsbereiche und führt zu wachsenden finanziellen Belastungen der Sozialversicherungssysteme. Für die Pflegeversicherung gilt: Je älter die Bevölkerung, desto höher wird die Zahl der pflegebedürftigen Menschen werden.

Menschen sind pflegebedürftig, wenn sie bei der Ausübung von gewöhnlichen und regelmäßigen Tätigkeiten im Alltag auf Dauer aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung in erheblichem oder höherem Maße auf Hilfe angewiesen sind. Dauerhaft bezeichnet in diesem Zusammenhang einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten.

In Deutschland wird prognostiziert, dass die Zahl der Demenzerkrankungen in den nächsten Jahren deutlich zunehmen wird. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft prognostiziert in einem Infoblatt aus dem Jahr 2014, dass sich die Zahl der gegenwärtig 1,5 Millionen Demenzkrankten innerhalb der nächsten 30 Jahre verdoppeln wird.

Pflegebedürftige Menschen können entscheiden, ob und wenn ja, wie und von wem sie Hilfe erhalten möchten. Sie können wählen, ob sie sich von professionalen Fachkräften, beispielsweise in Pflege- und Altenheimen pflegen lassen wollen, oder ob sie stattdessen Pflegegeld beziehen wollen, dass sie an ihre pflegenden Angehörigen weiterreichen können.

Die Pflegeversicherung deckt häufig nicht alle Kosten der Pflege ab, die restliche Finanzierung müssen die pflegebedürftigen Personen oder ihre Familien leisten. Eine dauerhafte Pflegebedürftigkeit bedeutet für alle Betroffenen neben der finanziellen Belastung häufig auch große physische und psychische Anstrengungen.

Die pflegenden Angehörigen wollen ihre Liebsten natürlich gut versorgt wissen, gleichzeitig ist es wichtig, dass sie sich selber auch ihre Auszeiten sowie notwendige Rehabilitations- und Präventionsmaßnahmen nach Krankheiten oder Operationen oder zur Vorbeugung, in Anspruch nehmen.

Einige Einrichtungen wie das Rehabilitations- und Präventionszentrum Bad Bocklet in Bayern bieten pflegenden Angehörigen an, ihre Reha-Maßnahmen durchzuführen, während sich um das pflegebedürftige Familienmitglied im Behandlungszeitraum gekümmert wird.

Die Versorgung der pflegebedürftigen Person wird von Pflegefachkräften gewährleistet. Es sind mehrere Optionen möglich: Der pflegende Angehörige kann die Reha-Maßnahme alleine antreten, während die Versorgung des Familienmitglieds am Wohnort realisiert wird. Eine andere Möglichkeit besteht in der Unterbringung der pflegebedürftigen Person in einem Pflegeheim, das mit dem Reha-Zentrum kooperiert und in unmittelbarer Nachbarschaft liegt.

Ist eine Trennung nicht möglich oder gewünscht, können beide Personen im Reha-Zentrum untergebracht werden. Die pflegende Person kann zudem auf Wunsch spezielle pflegerische Tätigkeiten, z.B. die Wundversorgung, an der pflegebedürftigen Person erlernen.

Eine weitere Option ist die gemeinsame Reha mit aktiver Teilnahme, in deren Verlauf der pflegende Angehörige neben der eigenen Reha eine Rehabilitationsmaßnahme in der geriatrischen Klinik durchführt. Dies kann sinnvoll sein, wenn durch die geriatrische Rehabilitation die Pflegesituation verbessert werden kann.


Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs

Das Bundesministerium für Gesundheit hatte im November 2006 einen Beirat zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs ins Leben gerufen. Im Jahr 2009 veröffentlichte der Beirat zwei Berichte, die auf einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff abzielten.

Demnach steht nicht mehr der zeitliche Aufwand für einzelne Pflegemaßnahmen im Vordergrund, sondern der Grad der Selbständigkeit des Menschen. Da die Berichte viele Antworten zur konkreten Einführung schuldig blieben, wurde im Dezember 2011 der Expertenbeirat zur konkreten Ausgestaltung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs mit der Klärung der offenen Fragen beauftragt. Dieser legte im Juni 2013 einen Bericht vor.

Das zentrale Ergebnis des Berichts lautet: Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff soll erweitert werden. Dies geschah durch die Einbeziehung der verschiedenen Verhaltensweisen und daraus resultierenden Problemen, die bei geistigen und psychischen Erkrankungen, gerade bei demenziell erkrankten Menschen, häufig vorkommen.

Im Fokus stehen die eingeschränkte Selbständigkeit durch den Verlust oder die Einschränkung der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten. Diese Aspekte wurden bis dahin nicht angemessen berücksichtigt –dies soll sich in den nächsten Jahren ändern.

Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens sollen die Maßnahmen zum neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff in Modellprojekten auf ihre Alltagstauglichkeit und Wirkung überprüft werden, wie das BMG an dieser Stelle erläutert. Zunächst werden die Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) geschult, ab Sommer 2014 werden bundesweit insgesamt 4.000 Begutachtungen durchgeführt.

In einer ersten Studie werden 2.000 Begutachtungen in Pflegeeinrichtungen und bei der Pflege zu Hause – durch Pflegekräfte oder pflegende Angehörige - vorgenommen. Im Fokus stehen Fragen rund um die Gestaltung der konkreten Prozesse bei der Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und hinsichtlich der Akzeptanz bei den Versicherten sowie Erkenntnisse und aktuelle Informationen über Anzahl und Verteilung in den neuen Pflegestufen.

Die zweite Studie konzentriert sich auf den Versorgungsaufwand der neuen Pflegegrade in stationären Pflegeeinrichtungen. Etwa 2.000 Pflegebedürftige aus 40 Pflegeheimen deutschlandweit werden begutachtet. Hier soll ermittelt werden, welcher zeitliche Aufwand für die Pflegeleistungen in den jeweiligen Pflegestufen erforderlich ist, damit eine bessere Versorgung in Zukunft gewährleistet werden kann.

Siehe auch: Assistenzdienst beauftragen

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