Kooperationen in der Medizin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. März 2019
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Ratgeber Kooperationen in der Medizin

Besonders seitens der Apotheken wird seit einiger Zeit eine engere Kooperation in der Medizin gefordert. Dies hat die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände in dem Perspektivpapier „Apotheke 2030“ veröffentlicht.

Inhaltsverzeichnis

Engere Kooperation zwischen Ärzten, Krankenhäusern & Apothekern gefordert

Hoch spezialisierte Fachkräfte werden in der Medizin und Pharmabranche gesucht.

Besonders die sich ändernde Patientenstruktur, die ansteigende Zahl der Pflegebedürftigen aber auch der enorme Fachkräftemangel sind Gründe, die für eine engere Kooperation sprechen.

Ärzte und Krankenhäuser stehen dieser Forderung eher kritisch gegenüber, denn die Reform könnte das gesamte Gesundheitssystem verändern. Des Weiteren fürchten Experten, dass die Kompetenzen der Apotheker überschritten werden könnten. Das Nachrichtenmagazin Die Welt thematisiert die Sicht der Ärzte:

"[…] Klar ist aber auch, dass die Grenzen zu den Kernkompetenzen des jeweils anderen nicht aufgeweicht werden sollten." (Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung)

Gassen fügt hinzu, dass am ehesten die behandelnden Ärzte über sinnvolle Präventionsmaßnahmen Bescheid wüssten, da lediglich diese den Gesundheitszustand der Patienten im Detail kennen. Darüber hinaus sei die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern bereits gut und müsse nicht geändert werden.

Die Apotheken indes erhoffen sich durch die Reform mehr Einwirkung in den Heilungsprozess der Patienten. Ein weiterer Grund, der für eine engere Kooperation spricht, ist ein Entgegenwirken des Fachkräftemangels. Eine engere Kooperation könnte beide Seiten an anderer Stelle entlasten.

Gesundheitsbranche besonders betroffen vom Fachkräftemangel

Einer Studie der Roland Berger Strategy Consultants Holding zufolge ist die gesamte Branche von dieser Situation betroffen. An dieser Stelle sind die Krankenhäuser zu nennen, denn der Studie zufolge fehlt hier das meiste Personal.

Rund 80 Prozent der Krankenhäuser seien demnach bereits Opfer des Fachkräftemangels. Auch die Pharmabranche ist von dieser Tendenz nicht ausgenommen. Zwar ist das Jobangebot reichhaltig, aber dennoch herrscht ein bundesweiter Mangel an ausgebildeten Personen.

Dies bestätigt bereits ein kritischer Blick auf die ausgeschrieben Stellen. So werden derzeit laut den Stellenausschreibungen auf stepstone.de neben Apothekern und pharmazeutischen Mitarbeitern auch hochqualifizierte Qualitäts- und Produktmanager gesucht.

Im Pharmabereich bestehen besonders regionale Engpässe in Baden-Württemberg, wo eine Vakanzzeit der Stellen 44 Prozent über dem Bundesdurchschnitt liegen. Auch Berlin und Hamburg sind von dieser Tendenz betroffen. In der Forschung macht sich der Mangel an qualifizierten Personal ebenfalls bemerkbar, denn die großen Pharmaunternehmen suchen stetig nach Fachkräften. Michael Burkhart, Leiter des Gesundheitswesen und Pharma bei der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, warnt vor dieser Entwicklung.

"Ab 2020 steigt der Personalmangel dramatisch an, bei Ärzten ebenso wie bei nicht-ärztlichen Fachkräften".

Studien der Bundesagentur für Arbeit bestätigen die Suche nach qualifizierten Personal.

Diesem Problem könnte durch eine engere Zusammenarbeit der verschiedenen Sektoren entgegengewirkt werden, denn eine bessere kooperative Präventivarbeit seitens der Ärzte, Krankenhäuser und der Apotheken, würde die Zahl der dringenden Krankheitsfälle reduzieren. Eine Entlastung des Fachpersonals wäre die Folge.

Patientenkoordinatoren zur Entlastung innerhalb der Krankenhäuser

Ein konstruktiver Vorschlag der Verantwortlichen sind sogenannte Patientenkoordinatoren, die innerhalb der Krankenhäuser sowohl Aufgaben der Ärzte als auch der Pfleger übernehmen. Diese Koordinatoren regeln die gesamten Prozesse von der Aufnahme bis zur Entlassung. So würde eine adäquate Betreuung der Patienten gewährleistet werden und durch die Umlagerung des bürokratischen Aufwands auf die Koordinatoren wäre eine Entlastung des Fachpersonals die Folge.

Apotheken fordern eine Einbindung in die Behandlung

Die Einbindung von Asthmatikern ist bereits in der Therapie etabliert.

Grundsätzlich fordern die Apotheken eine engere Kooperation zwischen den unterschiedlichen medizinischen Bereichen. Ein Beispiel ist die Kommission zur Einbindung der Apotheker in die Diabetikerversorgung.

Eine Kooperation der Deutschen Diabetes Gesellschaft sowie der Bundesapothekerkammer hat eine stärkere Einbindung der Apotheker in die Behandlung von Patienten mit Diabetes gefordert. Diese Initiative ging besonders auf Prof. Dr. med. Hermann Ammon zurück. Ziel war es durch zertifizierte Fortbildungsprogramme und Evaluationen, den Kenntnisstand der Apotheker zu erhöhen und so eine hochwertige Beratung im Fall von Diabetes zu gewährleisten.

Eine ähnliche Einbindung ist auch in der Behandlung von Asthmatikern bereits etabliert. Das wird in dem Programm für Nationale Versorgungsleitlinien definiert. Diese wurden von Verantwortlichen aller medizinischen Bereiche zusammengetragen und sollen Betroffene sowie Ärzte und Apotheker bei der richtigen Behandlung unterstützen.

Eine weitere Initiative - Das "Zukunftskonzept Arzneimittelversorgung"

In Sachsen und Thüringen hat sich ein Modellvorhaben gegründet, das die weitere Kooperation zwischen Ärzten und Apotheken gewährleisten soll. Auch unterschiedliche Krankenkassen sind an dem Projekt beteiligt. Eine gemeinsame Arzneimittelversorgung chronisch kranker Personen oder Patienten, die mehr als fünf Wirkstoffe einnehmen sollen, ist das Ziel.

Denn je mehr Medikamente eingenommen werden, desto größer ist das Risiko, dass bei der Medikation Fehler entstehen. Durch das Projekt sollen Patienten die korrekten Wirkstoffe und Mengen erhalten. So können etwaige Kommunikationsprobleme zwischen Apothekern und Ärzten konstruktiv gelöst werden, denn eine Software bietet den Beteiligten einen aktuellen Überblick über die gegenwärtige Medikation. Das Konzept beruht auf drei Säulen:

  • Wirkstoffverordnung
  • Medikationskatalog
  • Medikationsmanagement

Die Vorteile dieser Initiative sind besonders das Vermeiden von Doppelmedikationen und ein Zeitgewinn seitens der Ärzte. Diese haben dann mehr Spielraum, um dem Patienten die Einnahme und die Nebenwirkungen zu erläutern. Insgesamt nehmen bisher rund 1000 Apotheker und Ärzte an dem Projekt teil.

Dabei beziehen sich die Empfehlungen auf acht Krankheiten, unter anderem Hypertonie, Osteoporose, Herzinsuffizienz, Depression und Alzheimer-Demenz. Allerdings verlief der Start des Projektes eher schleppend.

In Thüringen beispielsweise beteiligen sich 150 Ärzte an der Initiative, das sind lediglich fünf Prozent aller Ärzte im Bundesland. Dennoch sind die Zahlen binnen des letzten Jahres kontinuierlich gestiegen. Experten gehen daher von einem ansteigenden Trend aus.

Bundesgerichtshof kommt den Kooperationen entgegen

Normalerweise ist die Zuweisung von Medikamenten strengen Regeln unterworfen. Dennoch hat der Bundesgerichtshof die Gestaltungsspielräume für eine Kooperation zwischen Ärzten und Apothekern erhöht. Konkret ging es bei dem Urteil um einen Freiburger Apotheker, der aufgrund des Urteils nun Partner einer Entlassmanagement Gesellschaft ist.

So erhält er Arzneirezepte der Universitätsklinik kurz vor der Entlassung des Patienten. Diese Vorgehensweise erhöht die erfolgreiche Weiterbehandlung nach dem Krankenhausaufenthalt. Voraussetzung für diese Zusammenarbeit ist jedoch, dass sich die Situation des Patienten verbessert und, dass dieser zustimmt. In der Praxis könnte sich dieses Urteil auf die eingangs geforderte engere Kooperation zwischen den einzelnen Bereichen auswirken.

Das könnte Sie auch interessieren