Interferone

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 23. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Interferone sind Gewebshormone, die aus relativ kurzkettigen Polypeptiden, Proteinen oder Glykoproteinen bestehen. Sie gehören zusammen mit Interleukinen und anderen Stoffgruppen zu den Zytokinen, die die Immunreaktionen des Immunsystems initiieren und steuern. Interferone werden hauptsächlich von Zellen des Immunsystems gebildet, aber auch von Fibroblasten und steuern vor allem antivirale und antitumorale Immunantworten.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Interferone?

In der Wirkungsweise sind Interferone mit den Interleukinen vergleichbar, allerdings lässt sich bei den Interferonen eine gewisse Spezialisierung auf Virusbefall und auf Tumorgewebe erkennen.
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Interferone (IFN) sind körpereigene Gewebshormone, die sich aus kurzkettigen Polypeptiden, Proteinen und Glykoproteinen mit bis zu 166 Aminosäuren zusammensetzen. Aufgrund ihrer Eigenschaften und Wirkungen im menschlichen Stoffwechsel werden sie zusammen mit Interleukinen, die vergleichbare Eigenschaften und Wirkungen aufweisen, und mit anderen Stoffgruppen zu den Zytokinen gerechnet.

Zytokine initiieren und steuern Immunantworten des Immunsystems und übernehmen damit lebensnotwendige Aufgaben. Interferone lassen sich in die drei Klassen IFN-Alpha, auch Leukozyten-IFN genannt, IFN-Beta und IFN-Gamma unterteilen. Während die meisten der 23 bekannten IFN-Alpha Varianten Proteine mit jeweils 166 Aminosäuren sind, bestehen die Beta- und Gamma-IFN vorwiegend aus Glykoproteinen mit ebenfalls 166 Aminosäuren, bzw. 144 Aminosäuren im Falle der Gamma-IFN. Interferone sind wichtig zur Erkennung und Bekämpfung von Viren und krebsartigen Tumoren.

Interferone stimulieren und steuern komplexe Immunantworten in spezialisierten Zellen des Immunsystems oder auch direkt in den von Viren oder anderen Pathogenen befallenen Gewebezellen oder in entarteten Tumorzellen. Die Interferone müssen zur Stimulierung und „Verteilung ihrer Botschaften“ nicht in die Zielzellen eindringen, sondern lediglich an spezifischen Rezeptoren andocken.

Funktion, Wirkung & Aufgaben

Im Verbund mit Interleukinen, koloniestimulierenden Faktoren, Tumornekrosefaktoren und Chemokinen, die zusammen die Klasse der Zytokine bilden, initiieren und steuern Interferone sehr wesentlich die Immunantworten auf von Viren oder anderen pathogenen Erregern befallene Zellen. Das Gleiche gilt für Zellen, die als tumoral erkannt wurden.

In der Wirkungsweise sind Interferone mit den Interleukinen vergleichbar, allerdings lässt sich bei den Interferonen eine gewisse Spezialisierung auf Virusbefall und auf Tumorgewebe erkennen. Für den Menschen hat die körpereigene Virus- und Krebsbekämpfung einen hohen – und manchmal überlebenswichtigen – Stellenwert. Die Immunantwort, die Interferone bereithalten, ist sehr komplex. Interessanterweise bekämpfen Interferone eingedrungene Viren meist nicht direkt, sondern sie docken an spezifischen Rezeptoren der Zellen an und veranlassen diese zur Produktion bestimmter, antiviral wirksamer, Proteine (Enzyme), die befallenen Zellen helfen, den Virus über bestimmte Stoffwechselvorgänge zu beeinträchtigen oder gar unschädlich zu machen.

Dieser Vorgang kann auch in benachbarten, nichtbefallenen, Zellen stattfinden, so dass sich diese damit vor einem Befall schützen können. Alf- und Beta-IFN leistet den Zellen mit ihren Aktivitäten eine angeleitete Hilfe zur Selbsthilfe. Gamma-Interferone haben sich als Gewebshormon besonders auf die Aktivierung und Unterstützung von Makrophagen spezialisiert.

Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte

Alpha-Interferone werden nicht nur von Immunzellen, sondern auch von vielen anderen Gewebezellen sezerniert, besonders von mit Viren oder Bakterien befallenen Zellen. Das IFN-Alpha stimuliert befallene und benachbarte Zellen dazu, bestimmte proteinabbauende Enzyme zu produzieren, um virale RNA abzubauen und Viren an der Replikation ihrer RNA zu hindern. Auch bakterielle Membranen können zum Teil aufgelöst oder ganze Bakterien durch Phagozyten unschädlich gemacht und abtransportiert werden.

Beta-Interferone, auch als Fibroblasten-Interferone bezeichnet, werden vorwiegend von den im extrazellulären Raum befindlichen und mit Viren infizierten Fibroblasten sezerniert. Eigenschaften und Wirkungen der IFN-Beta sind denen der IFN-Alpha sehr ähnlich. Sie können sogar an einige der IFN-Alpha Rezeptoren andocken. Die Eigenschaften der Gamma-Interferone weichen von denen der IFN-Alpha und IFN-Beta ab. IFN-Gamma wird vorwiegend von TH1-Zellen sezerniert, die Teil des adaptiven Immunsystems sind. Das Gamma-Interferon wird immer dann gebildet, wenn Kontakt mit antigenpräsentierenden Makrophagen besteht.

Das ist beispielsweise immer bei Bakterien phagozytierenden Makrophagen der Fall. Neben den antiviralen und antitumoralen Eigenschaften haben IFN-Gamma auch immunmodulatorische Wirkungen, weil sie die adaptiven Zellen des Immunsystems unterstützen, die sich auf die Bekämpfung aktueller Erreger eingestellt und angepasst haben.


Krankheiten & Störungen

Interferone initiieren und steuern im Verbund mit Interleukinen und anderen Zytokinen Reaktionen des Immunsystems, die sogenannte Immunantwort. Es handelt sich teilweise um äußerst komplexe Vorgänge mit vielen beteiligten Akteuren. Es ist daher wahrscheinlich, dass einzelne Schritte der Immunantwort gestört sein können oder das Immunsystem insgesamt zu schwach oder zu stark reagiert.

Störungen in beide Richtungen können zu leichten bis schwerwiegenden Symptomen und Krankheiten führen. Da die meisten Interferone auch die Blut-Hirn-Schranke überwinden, können Störungen in der Ausschüttung der Interferone auch erhebliche psychische Auswirkungen haben und – im Falle einer Schwächung – ihre Schutzfunktion im ZNS nicht mehr oder nur noch eingeschränkt wahrnehmen. Andererseits werden künstlich zugeführte Interferone auch für Therapiezwecke wie beispielsweise bei Multipler Sklerose (MS) und Hepatitis C und B verwendet. Ähnliche Symptome wie bei einer Störung der Interferonproduktion können sich einstellen, wenn lediglich die Funktionalität der Rezeptoren an den Zellmembranen gestört ist. Es sind mehrere Gendefekte bekannt, die zu einer Dysfunktion bestimmter Rezeptoren führen und entsprechende Mangelsymptome verursachen.

Interferone können dann nicht andocken bzw. „finden keine Zellen“, an denen sie sich anlagern müssten, um ihre Aufgaben wahrzunehmen. Bei bestimmten chronifizierten Viruserkrankungen (Epstein Barr Virus, Zoster, Herpes, Borrelien und andere) wirkt sich bereits eine gestörte Balance zwischen Interferon und Interleukin sezernierenden Th1 und Th2 Zellen. Ähnliche Beobachtungen wurden auch bei HIV-Infektionen gemacht. Der Homöostase zwischen den verschiedenen Zytokinen kommt damit eine hohe Bedeutung zu.

Hinsichtlich möglicher systemischer Überproduktion von Interferonen, die nicht durch lokale Entzündungen hervorgerufen werden, wurden sogenannte „Gain-Mutationen“ bekannt. Die Mutationen führen zu einer veränderten – meist massiv ausgeweiteten – Sezernierung bestimmter Interferone, die lebensbedrohlich sein können.

Quellen

  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Clark, D.P.: Molecular Biology: Das Original mit Übersetzungshilfen. Spektrum Akademischer Verlag., Heidelberg 2006
  • Marischler, C.: BASICS Endokrinologie. Urban & Fischer, München 2013

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