Astrozyten

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Astrozyten gehören zu den Gliazellen des zentralen Nervensystems und übernehmen wichtige Funktionen im Gehirn. Sie fungieren nicht nur als Stützzellen für die Neuronen, sondern nehmen auch aktiv am Informationsaustausch teil. Wichtige pathologische Prozesse im Gehirn haben Auswirkungen auf die Aktivität der Astrozyten.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Astrozyten?

Die Astrozyten im Gehirn sind stern- oder spinnenförmige verzweigte Zellen. Ihre Fortsätze bilden Grenzmembranen zu Gehirnoberfläche und Blutgefäßen.
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Die Astrozyten sind sternförmige Zellen im zentralen Nervensystem und stellen den größten Teil der Gliazellen dar. Die Gliazellen wurden bis vor Kurzem als reine Stützzellen für den Zusammenhalt der Neuronen im Nervensystem betrachtet. Daher leitet sich auch die Silbe "Glia" ab, was so viel bedeutet wie Leim. Die Astrozyten sehen sternförmig b. z. w. spinnenförmig aus, da sie strahlenförmige Ausläufer haben.

Astrozyt ist die Ableitung aus der griechischen Bezeichnung sternförmige Zelle oder Sternzelle. Hier darf es jedoch keine Verwechslung mit den echten Sternzellen geben, die wiederum mit den Astrozyten nichts zu tun haben. Die echten Sternzellen sind neuronale Zellen (Nervenzellen) und befinden sich im Cortex und im Kleinhirn. Das Gehirn besteht neben den Neuronen zu über 50 Prozent aus Astrozyten. Im Gegensatz zu den Neuronen (Nervenzellen) schienen sie mit Ausnahme von Stützfunktionen keine weiteren Funktionen auszuüben.

Die Sicht auf die Gliazellen und speziell Astrozyten hat sich jedoch in den letzten Jahren grundlegend geändert. So sind die Astrozyten nach den neuesten Erkenntnissen nicht nur Leim oder Kitt für die Neuronen, sondern spielen auch eine herausragende Rolle für die Kommunikationsprozesse durch enge Interaktionen mit den Nervenzellen.

Anatomie & Aufbau

Die Astrozyten im Gehirn sind stern- oder spinnenförmige verzweigte Zellen. Ihre Fortsätze bilden Grenzmembranen zu Gehirnoberfläche und Blutgefäßen. Es gibt im Gehirn zwei Arten von Astrozyten. Die Protoplasmatischen Glia, auch Astrocytus protoplasmaticus oder Kurzstrahler genannt, sind Bestandteile der Grauen Substanz.

Dabei sind die in der Weißen Substanz vorkommenden Faserglia (auch Astrocytus fibrosus oder Langstrahler) fibrillenreich. Sie enthalten außerdem viele Mikrotubuli. Die Astrozyten des Hirns besitzen radiär verlaufende Zellfortsätze, welche Synapsen, Ranviersche Schnürringe und Axone neuronaler Oberflächen bedecken. Des Weiteren bilden die Fortsätze durch Zusammenlagerung auch Grenzstrukturen im Zentralnervensystem aus. Ihre Zellmembran besitzt Rezeptoren für Neurotransmitter und spannungsabhängige Ionenkanäle.

Untereinander bilden sie ein enges Netzwerk durch Gap Junctions. Es dient zur elektrischen Kopplung der Zellen. In anderen Teilen des zentralen Nervensystems können die Astrozyten auch eine andere Struktur besitzen. So befinden sich in der Netzhaut des Auges die lang gestreckten oder stabförmigen Müller-Gliazellen, welche auch zu den Astrozyten zählen.

Funktion & Aufgaben

Die Astrozyten üben vielfältige Funktionen aus. Schon lange war bekannt, dass sie Stützfunktionen im ZNS innehaben. Darüber hinaus sorgen sie für die Ernährung der Neuronen durch ihre Kontakte zu Blutgefäßen mittels ihrer Fortsätze. Des Weiteren halten sie den Kaliumhaushalt im Gehirn aufrecht. Dabei werden die während der Erregungsweiterleitung frei werdenden Kalium-Ionen von den Astrozyten aufgenommen und über das gesamte Netzwerk verteilt. Damit bildet sich ein effektives Puffersystem, welches auch den pH-Haushalt im Gehirn reguliert.

Durch Bindung von Glutamat an Rezeptoren in der Membran wird die Ionenverschiebung zusätzlich beeinflusst. Zwischen Astrozyten und Neuronen besteht eine direkte Interaktion über Neurotransmitter. Elektrische Reize von der Reizweiterleitung der Neuronen werden so auch teilweise an die Astrozyten übertragen. Innerhalb der Astrozyten findet in der näheren Umgebung der entsprechenden Neuronen eine Signalweiterleitung statt. Über einen Feedbackmechanismus wirken die Astrozyten dann modulierend auf die Signalweitergabe zwischen den Neuronen ein. Somit kommt es zwischen den Nervenzellen und den Gliazellen ständig zu einem regen Austausch von Informationen.

Die Astrozyten fungieren also ähnlich wie Berater, um eine angemessene Reaktion zu generieren. Eine weitere Aufgabe der Astrozyten besteht in der Errichtung und Aufrechterhaltung der Blut-Hirn-Schranke durch Bildung der Membrana limitans glialis perivascularis. Ein Durchtrennen der Neuronen-Axone veranlasst Astrozyten, Glia-Narben zu bilden, die das erneute Wachstum der Axone hemmen. Für Patienten mit Querschnittslähmung ist das ein Problem. Nach neueren Untersuchungen wurde auch festgestellt, dass einige Astrozyten im Hippocampus als Stammzellen für Neuronen dienen können.


Krankheiten

Astrozyten spielen im Zusammenhang mit neurologischen Erkrankungen, Epilepsie, Morbus Alzheimer oder Entzündungen im Nervengewebe eine große Rolle. Es konnte gezeigt werden, dass es bei entzündlichen Prozessen im Nervengewebe zu Veränderungen im Stoffwechsel von Astrozyten kommt, die ihr Überleben im Netzwerk sichern. So haben sie die Fähigkeit, den Prozess des Zellunterganges bei traumatischen Ereignissen wie Hirnverletzungen oder Schlaganfall zu stoppen.

Allerdings ist noch nicht viel über die komplexen Zusammenhänge bekannt. Die Untersuchungen deuten aber an, dass die Astrozyten auch eine große Rolle bei pathologischen Prozessen innerhalb des Nervensystems spielen. So wurde festgestellt, dass bei Patienten mit Morbus Alzheimer die Astrozyten durch die verstärkte Bildung von ATP angeregt werden. Sie werden hyperaktiv und nehmen verstärkt Kalzium auf. Es bilden sich regelrechte Kalziumwellen heraus. Noch ist nicht klar, ob die Hyperaktivität der Astrozyten eine positive Abwehrreaktion darstellt oder ob es eine negative Folge des Krankheitsprozesses ist, der die Situation noch verschlimmert.

Pathologische Bedeutung können Astrozyten durch eine verstärkte Zellvermehrung bekommen. So können sie Ausgangspunkt für gutartige oder auch bösartige Hirntumoren sein. Diese Tumoren werden allgemein als Astrozytome bezeichnet. Meist sind die Astrozytome gutartig, aber oft sehr raumfordernd. Unter Umständen können sich aus ihnen Glioblastome entwickeln, die bei Erwachsenen die häufigsten bösartigen Hirntumoren darstellen.

Quellen

  • Gressner, A. M., Arndt, T.: Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik. Springer Verlag, Berlin 2007
  • Poeck, K., Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
  • Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. De Gruyter, Berlin 2015

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