Antidiuretisches Hormon (Adiuretin)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das körpereigene Hormon Adiuretin bzw. Antidiuretisches Hormon wird von Nervenzellen im Hypothalamus gebildet, einem Teil des menschlichen [[Zwischenhirn]s. Es dient hauptsächlich dem Zweck, den Wasserhaushalt im Körper zu kontrollieren. Ein Ungleichgewicht in Menge und Produktion kann eine Reihe von Krankheitsbildern auslösen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Antidiuretische Hormon?

Schematische Darstellung zur Anatomie und Aufbau des endokrinen Systems (Hormonsystem). Klicken, um zu vergrößern.

Adiuretin ist auch unter den Namen ADH (Antidiuretisches Hormon), Vasopressin und AVP (Arginin-Vasopressin) bekannt. Am geläufigsten ist der Name ADH, der sich aus den Worten "anti" für "entgegen" und "Diurese" (= Harnausscheidung durch die Nieren) zusammensetzt. Da das Hormon die Rückgewinnung von Wasser aus den Nieren fördert, wirkt es entgegengesetzt zur Urinausscheidung, woraus sich der Name erklärt.

ADH gilt neben Oxytocin als Effekthormon des Hypothalamus. Diese Hormongruppe wirkt direkt auf die Zellen der Zielorgane, ohne einen Umweg über Körperdrüsen zu nehmen. Die Grundstruktur von ADH besteht aus den Aminosäuren Phenylalanin, Cyctein, Arginin, Tyrosin, Glutamin, Asparagin, Prolin und Glycin.

Produktion, Bildung & Herstellung

Im menschlichen Körper wird Adiuretin zusammen mit Oxytocin im Hypothalamus gebildet, einem Bereich des Zwischenhirns nahe den Sehnerven. Anschließend wird es in die Blutbahn freigesetzt.

Die Menge an ADH, die ausgeschüttet wird, bestimmt sich durch die osmotische Konzentration des Blutes. Der Wasserhaushalt des menschlichen Körpers wird durch Osmose reguliert - der Ausgleich zwischen den Teilchen einer Flüssigkeit durch eine halbdurchlässige Membran. Fehlt Wasser im menschlichen Körper, wird vermehrt Adiuretin freigesetzt.

Im Hypothalamus befinden sich Sensoren, welche die osmotische Konzentration erfassen und weiterleiten. Auch der Blutdruck spielt bei der Regulierung der Ausschüttungsmenge von ADH eine große Rolle - die entsprechenden Sensoren befinden sich in großen Blutgefäßen.

Funktion, Wirkung & Eigenschaften

Die wichtigste Funktion von ADH ist die Regulation des Wasserhaushaltes. Das Hormon bewirkt über Rezeptoren an den Sammelrohren der Nieren, dass Wasser in den Körper zurück geleitet wird. Dadurch verstärkt sich die Konzentration des Urins, während seine Menge nachlässt. Bei gesunden Menschen zeigt sich dieser Vorgang besonders nachts, da das Durchschlafen ohne Wasserlassen problemlos möglich ist.

Adiuretin erfüllt noch weitere Aufgaben. So bewirkt es in größeren Mengen eine Verengung der Blutgefäße, wodurch eine Steigerung des Blutdrucks bewirkt wird. In der Leber verursacht das Hormon die Freisetzung von Zucker in andere Organe (Glykolyse). Diese Notwendigkeit besteht bei einem gesteigerten Energiebedarf des Körpers, bei welchem der Zucker aus der Nahrung nicht ausreicht, um die Zellen optimal zu versorgen.

Ein Teil des Adiuretins wird nicht auf seinen Weg in die Blutbahn gebracht, sondern wandert in den Hypophysenvorderlappen. Dort bewirkt es die Ausschüttung von ACTH (Adrenocorticotropin). Dieses Peptidhormon sorgt in der Nebenniere für die Freisetzung von körpereigenem Cortisol (Glukokortikoide) und ist damit ebenfalls für die Ausschüttung von Insulin verantwortlich. Da ADH zu Beginn dieser Kette steht, gehört es somit auch zu den Bestandteilen des hormonellen Stress-Mechanismus.

Krankheiten, Beschwerden & Störungen

Störungen bei der Produktion von ADH können sich sowohl als Über- als auch eine Unterproduktion bemerkbar machen, wobei Letzteres wesentlich häufiger vorkommt. Beim Diabetes insipidus centralis besitzt der Organismus zu wenig ADH. Die Gründe sind vielfältig. Eine fehlende oder zu niedrige Produktion von Adiuretin oder ein ausbleibender Transport zum Hypophysenhinterlappen können ebenso verantwortlich sein, wie eine unzureichende Speicherung im Hypothalamus oder der fehlende Transport zu den Körperzellen. Die Folgen sind in allen Fällen dieselben, da kein oder zu wenig ADH am Ziel ankommt, um seine Wirkung zu entfalten.

Die Hauptsymptome bestehen aus vermehrter Urinausschüttung und starkem Durst. Betroffene verlieren Urin, ohne viel zu trinken. Zusätzliche Symptome können sich durch trockene Haut, Schlafstörungen, Gereiztheit oder Verstopfung äußern. Die Erkrankung kann durch Laboruntersuchungen diagnostiziert werden, insbesondere durch den Durstversuch: Der Patient wird nach einigen Stunden ohne Flüssigkeitszufuhr labortechnisch untersucht. Bei einem Gesunden zeigt sich aufgrund des Durstens ein Anstieg vom ADH, der bei einem Erkrankten nicht protokolliert werden kann.

Eine seltene Störung im Zusammenhang mit Adiuretin besteht aus einer Überproduktion des Hormons - das Schwartz-Bartter-Syndrom. Es kommt zu einem Überschuss an Wasser im Organismus, wodurch Betroffene stark zunehmen. Außerdem wird das Blut verdünnt, so dass Symptome durch die niedrige Konzentration an Natrium auftreten. Schläfrigkeit, Kopfschmerzen oder ein Gefühl des Unbeteiligtseins sind die Folgen. Die Verdünnung des Blutes wird oft über eine Routineuntersuchung festgestellt. Darüber hinaus kann eine Urinuntersuchung eine zu starke Konzentration des Harns nachweisen.

In beiden Fällen sind die Ursachen äußerst vielfältig. Häufig handelt es sich um gut- oder bösartige Tumore des Hypothalamus, Hirnblutungen nach Unfällen, Gefäßentzündungen, eine Zyste oder seltener eine Granulomatose. In den meisten Fällen kann die Erkrankung gut durch Beseitigung des zugrunde liegenden Problems therapiert werden.


Quellen

  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Kleine, B., Rossmanith, W.: Hormone und Hormonsystem. Lehrbuch der Endokrinologie. Springer Verlag, Berlin 2013
  • Vieten, M.: Laborwerte verstehen leicht gemacht, Trias, Stuttgart 2009

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